HANSESTATEMENT: Der kleine “Philipp” — die neue “Barbara” für Hamburg.

Foto: HANSEVALLEY
Jetzt ist es also passiert: Die Hamburger Online-Werbeszene bekommt ein eigenes Maskottchen: Nach dem Vorbild der großen “Barbara” wird der kleine “Philipp” in Hamburg im Mai d. J. kurzzeitig Inbegriff für digitales Gedödel aus der lokalen Reklameszene. Philipp Westermeyer soll mit breitem Ruhrpott-Grinsen auf dem Cover eines Maskottchen-Magazins pranken — so der korrekte Fachjargon der Personality-Postille für fast 10,- € Verkaufspreis und der Halbwertzeit einer Zigarettenlänge. Was können wir vom “ersten Magazin für das digitale Hamburg” erwarten? Ein Hamburg Digital Statement:
Wenn er den Mund aufmacht, klingt dass alles andere als hanseatisch-zurückhaltend — auch wenn der nun 40-Jährige Podcaster an einer Hamburger Marketinghochschule die ersten Gehversuche unternahm. Der leidenschaftliche Selbst-/Vermarkter mag es durchaus lauter und deftiger. Da kommt der Deal mit der unter Erfolgszwang stehenden Zeitungsgruppe Hamburg aka Hamburger Abendblatt genau richtig. Getrieben von Anerkennung und Bestätigung wagt sich unser Diplom-Kaufmann unter die Herausgeber — mit einem bunten Stapel totem, bedrucktem Holz.
Zu den “Online Marketing Rockstars” Anfang Mai d. J. wird der Veranstalter des Krawallspektakels das vom — seit 70 Jahren ewig jung-dynamischen — Abendblatt wahrscheinlich in Times New Roman auf Zeitungspapier gedruckte Reklameblättchen an den feiernden Branchennachwuchs aus Berlin, Hamburg und Köln verteilen … und den Rest der 20.000 nicht verkauften Exemplare anschließend heimlich in einem Papiercontainer hinter der Eventhalle entsorgen. Dann fällt es nicht so auf, dass der kleine “Philipp” am Kiosk doch eher Nischenware war.
Armes Abendblatt: Von Rollator-Riege zu Food-Bloggern
Interessant ist beim neuen Traumpaar von Onlinewerber Philipp und Blattmacher Lars (Haider) die Wahl des Hamburger Abendblatts, jetzt auf “jung-dynamisch-erfolglos” zu machen. Hat die Klientel des Abendblatts beim jährlichen Neujahrsempfang im Atlantic Hotel den Rollator an der Garderobe versteckt, versucht das Freie und Hanseatische Staatsblättchen mit “Philipp” eine neue, jüngere Klientel zu rocken. Nicht verwunderlich, wenn man die stetig sinkende Auflage auf unter 100.000 Exemplare und die reihenweise “herauswachsenden” (sprich wegsterbenden) Abonnenten sieht.
Und was können wir inhaltlich vom höher-schneller-weiter “Philipp” unabhängig von dem — Original-Zitat Philipp Westermeyer — “Rummel” aka OMR publizistisch erwarten? Ein Mimimi-Magazin, dass die digitalen Themen an Alster und Elbe covern will-soll-versucht. So gut, so glaubwürdig? Schauen wir auf die Friends& Family-Liste von Philipp W., sind wir bei bekannten und nicht nur beliebten Provinzpromis und anderen möchtegern-digitalen Alsterperl(ch)en angelangt, die es mit hamburgisch-bescheidenen Visionen leider nicht immer über die Norderelbe hinaus geschafft haben:

Foto: HANSEVALLEY
Wir freuen uns schon auf den Altsozi im Subventionssumpf Nico L. — mit einem neuen Märchen über die Startup-VC-Abzocke. Wir freuen uns auf die Clique “Küche, Kirche, Kinder” von Sina & Sanja — mit einem Werbeblock für sich und sich. Wir freuen uns auf Otto’s Chef-Pöbler Tarek Müller, der Kunden offen auf Facebook beleidigt (kein Scherz!). Wir freuen uns auf den Future-Innovation-21th Century-Hub “MLove” aka Container-Abstellplatz. Wir freuen uns auf Next-Konferenz-Veranstalter mit berüchtigten Manieren. Dazu ein bisschen Google für die weite Welt und Xing für das Lokalkolorit — fertich ist der fast digitale Kaffeeklatsch.
Philipp go Print: Von Stilikonen bis zu Hamburger Stilblüten
Wir können uns natürlich irren, und der kleine “Philipp” wandelt sich von der podcastenden Sabbelbacke zum stilsicheren Schreiberling — mit Themen und Typen seines weltberühmten Streams. Dann freuen wir uns auf die Highlights seiner audiophilen Karriere, wie die einzig ehrliche Deutsche Bank, China-Bratpfannen-Verkäufer Ralph Dümmel (man kann ja nicht nur im TV rumgammeln), Karstadt-Werbestar Silvie Meis und Karstadt-Ausplünderer Thomas Middelhof, die fast schon Digital-Company Müller Milch, Porno-Marketingexperte Daniel S. und den ein wenig digitalen Thermomix. Und natürlich Stammgast Sven Schmidt, Sven Schmidt und Sven Schmidt (wer auch immer das sein mag…).
Funke Medien bestätigt die vermuteten Themen: “Hidden digital Champions” (nördlich der Elbe steckengeblieben?), “Porträts der interessantesten Online-Firmen” (ein China-Brapfannen-Verkäufer?), der “Aufstieg der Podcasts” (Sabbeln für Anfänger?) und “Finanzierungstipps für Startups”. Ratet mal, wer da auftaucht… Das Branchenblatt Horizont titelt “OMR go Print”. Treffer! Die Copycat kostet 8–10,- €, doch ein Großteil des Testimonial-Trallala wird wohl eh gratis durch die Marketingszene gespammt werden. Mit den altbekannten Themen und Typen wird “Philipp” möglicherweise schnell zum Einwickelpapier auf dem Fischmarkt. Dann haben aber wenigstens die volltrunkenen Party-People vom Kiez was abzulästern.
Ein Maskottchen mehr: Wir stehen eher auf die “Barbara”
Bis zu 100 Seiten soll das Kompendium aus der Kategorie Klatschpresse umfassen. Dabei will der durch einen kurzzeitigen Job bei Radio Essen weltweit bekannte Spitzenjournalist selbst (intellektuell wie auch immer anspruchsvolle) Interviews führen und Beiträge texten. Wir fiebern mit Spannung dem Spaß entgegen, die preisverdächtigen Meisterwerke der zugezogenen Edelfeder zu überfliegen. Schließlich belebt “Wettbewerb” das Geschäft. Und es war schon richtig langweilig, allein auf weiter Flur über die digital-vernetzte Zukunft der Freien und Hansestadt zu berichten… (Endlich können wir auch lästern).
200 Corporate Innovatoren aka Chief Digital Officer sind in der Hamburg Digital Community NEXTHANSE zusammengeschlossen. Sie sind das Rückgrat des digitalen Hamburgs, über das wir seit fast 2,5 Jahren und in mehr als 800 Nachrichten täglich berichten. Zur Beruhigung des jetzt auch ein wenig etablierten und dann womöglich bald verblassten Philipp: Unternehmen, Geschäftsabläufe, Produktionsprozesse, Vertriebswege und Kundenkommunikation werden sich digitalisieren — mit Maskottchen, wie “Barbara”, “Guido”, “Joko” und “Philipp” — und ohne sie. Nur als Trost, wenn das monumentale Meisterwerk wider erwarten doch völlig überraschend eingestampft werden sollte.
Freiwillige vor: Ideen und Themen jetzt für lau abliefern
Übrigens: Die Redaktion des Abendblatts sucht noch Freiwillige, die unserem schon heute viel geliebten Maskottchen-Magazin gratis Ideen und Eigenreklame zuliefern. Interessenten können sich per E-Mail an chefredakton@abendblatt.de wenden. Wir haben da so einen leisen Schimmer, welche Kategorie von Spezialisten womöglich (heimlich, still und leise) “Hier!” schreit, weil sie in den Hamburg Digital Nachrichten und im Hamburg Digital Magazin mangels Qualität eher nicht vorkommen würde. Zum Glück sind die Geschmäcker verschieden und wir versprechen, zum Freitag-Feierabendbier auch mal einen Blick auf das tote Holz zu werfen.
Viel Glück, kleiner “Philipp”! Auch wenn wir Maskottchen “Barbara” doch ein bisschen cooler finden.